Anm.: Die Pressemitteilung von Outinchurch bringt wichtige Analysen und Resonanzen von Betroffenen ins Wort und sei zur Lektüre empfohlen.


Am 18.12.2023 legt das vatikanische Dikasterium für die Glaubenslehre eine vom Papst gebilligte Erklärung „Fiducia supplicans“ zur Erlaubnis der Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren vor. Viele Medien haben unmittelbar dazu getitelt „Papst erlaubt Segnung gleichgeschlechtlicher Paare!“

Die heutige Erklärung zur Möglichkeit der Segnung für queere Paare wirkt wie ein unerwartetes und vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Bei aller Freude über diesen vermeintlichen Fortschritt bleibt aber doch festzustellen, dass es sich tatsächlich doch nur um einen eher kleinen Schritt handelt. Immerhin geht er in die richtige Richtung.
„Was der Vatikan heute präsentiert hat, ist in weiten Teilen doch eher eine Mogelpackung. Stell dir vor du wünscht dir ein paar schöne Schuhe, bekommst dann aber doch nur ein paar selbstgestrickte Socken!“, kommentiert Miki Herrlein, Vorstandsmitglied bei OutInChurch treffend.

Die Erklärung sei ein „Geschenk an das gläubige Volk Gottes“, heißt es hingegen in der Einleitung zu der Erklärung. Im Text wird dann genau geregelt, wer dieses Geschenk für sich in Anspruch nehmen darf und wie es auszupacken und zu verwenden ist. Der Vatikan wird dabei kreativ und unterscheidet einen „ordentlichen“ liturgischen Segen von einer Segnung im Rahmen der Volksfrömmigkeit. Mehrfach zitiert der Text den Papst in seinem Bemühen um eine „väterliche und pastorale Haltung“.

Das vatikanische Schreiben ist keineswegs als Kurskorrektur im Blick auf die Lehre der Kirche einzustufen. Die ist auch gar nicht seine Absicht. „Die Regelungen sind eher Hinweise zur Praxis der Seelsorge. Denn weiterhin gilt jede Form von Beziehung und Sexualität, die nicht heterosexuell in einer sakramentalen Ehe gelebt wird, als schwere Sünde und kann nicht öffentlich gesegnet werden. Ein kirchliches Segnungsritual in einem feierlichen Gottesdienst anlässlich einer standesamtlichen Trauung ist auch weiterhin nicht vorgesehen“, betont Jens Ehebrecht-Zumsande aus dem Vorstand von OutInChurch.

Die klare Absage an die Erstellung liturgischer Vorlagen und Formulare durchkreuzt auch die Bemühungen um klare liturgische Formen und eine entsprechende Gestaltung, die in der Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges in Deutschland bereits weit fortgeschritten sind. „Was zukünftig möglich sein soll, entspricht in etwa dem, was im vergangenen Jahr auch die flämischen Bischöfe vorgelegt haben: eine Segnung im Kontext der Seelsorge, abseits der Öffentlichkeit. Dies unterläuft aber auch der Intention von Segnungen von Menschen in ihren gemeindlichen Kontexten, Segen ist nicht für die stillen Kammer gemeint. Dies wirkt wie ein Ja, aber Nein“, hebt Gunda Werner, ebenfalls Vorstandsmitglied bei OutInChurch hervor.

„Für vatikanische Verhältnisse und in einer weltkirchlichen Perspektive mag die heute veröffentlichte Erklärung tatsächlich ein großer Schritt nach vorne sein. Wir erkennen an, dass dies immerhin ein deutliches Signal des Papstes an all diejenigen ist, die jede Diskussion über eine Weiterentwicklung der Sexualmoral strikt ablehnen und schon in dieser Form der Segnung den Untergang des Katholizismus vermuten.“, sagt Eva Dreier, Vorstandsmitglied bei OutInChurch.
In dieser Hinsicht ist dem Papier zu wünschen, dass es eine Eigendynamik entwickelt, die letztlich sichtbar macht, dass die herkömmliche Lehre keine Akzeptanz mehr findet und geändert werden muss.

Aus unserer queeren Perspektive lesen wir die vorgelegten Regelungen aber als eine Fortsetzung der bestehenden Diskriminierung, einmal mehr geschönt mit einem pinkgewaschenen pastoralen Scheinheiligenschein.


OutInChurch – für eine Kirche ohne Angst

OutInChurch e.V. ist ein Verein und eine Initiative von über 600 LSBTIQA+ Menschen, die hauptberuflich oder ehrenamtlich in der röm-kath. Kirche tätig sind. Die Initiative ging im Januar 2022 mit einem kollektiven Coming-out und einem Manifest an die Öffentlichkeit. In der begleitenden ARD Doku „Wie Gott uns schuf“ werden über 100 Mitwirkende vorgestellt.
Weitere Informationen: www.outinchurch.de https://www.instagram.com/outinchurch/ https://fb.me/OutInChurch/
Pressekontakt und Interviewanfragen: presse@outinchurch.de oder: kontakt@outinchurch.de

Quelle: https://www.outinchurch.de/wp-content/uploads/2023/12/2023_12_18_PM-Segnung-2-1.pdf